Schweiz: Mehr Unfälle im Dezember – Polizei appelliert an ungeschützte Verkehrsteilnehmer
Mit dem ersten Advent beginnt in der Schweiz traditionell die Zeit der Lichter, Märkte und winterlichen Aktivitäten. Doch gerade diese Wochen gehören auch jedes Jahr zu den gefährlichsten Perioden im Strassenverkehr. Die früh einsetzende Dunkelheit, Nässe, Schnee und tiefe Temperaturen verschärfen die Unfallrisiken für alle Verkehrsteilnehmer.
Besonders gefährdet sind jedoch jene, die am wenigsten geschützt sind: Fussgänger und Velofahrer. Polizei, Verkehrsdienste und die BFU warnen zur Adventszeit regelmässig vor den kombinierten Gefahren aus Dunkelheit, schlechten Sichtverhältnissen und glatten Strassen.
Während die Bevölkerung sich auf weihnachtliche Stimmung und festliche Aktivitäten einstellt, laufen bei den Einsatz- und Sicherheitspartnern die Vorbereitungen auf Hochtouren. Denn zwischen Ende November und Anfang Januar herrscht jedes Jahr eine Phase, in der die Unfallzahlen steigen, Einsätze unter erschwerten Bedingungen stattfinden und präventive Massnahmen besonders wichtig sind. Der folgende Hintergrundbericht erklärt umfassend, warum Fussgänger und Velofahrer in der Adventszeit besonders gefährdet sind, welche Fehler häufig auftreten und welche Massnahmen die Polizei empfiehlt, um Unfälle zu verhindern.
1. Dunkelheit als grösster Risikofaktor
Einer der entscheidenden Gründe für die hohe Unfallgefahr im Dezember ist die frühe Dämmerung. Bereits kurz nach 16 Uhr wird es vielerorts dunkel. Genau in diesem Zeitraum herrscht aber gleichzeitig verkehrsreichste Tageszeit: Feierabendpendler, Schüler auf dem Heimweg, Familien beim Adventseinkauf und Fussgänger auf dem Weg zu Märkten oder Veranstaltungen.
Für Autofahrer bedeutet diese Kombination eine stark eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit. Schlechte Sichtverhältnisse führen nachweislich zu Fehleinschätzungen der Distanz und der Geschwindigkeit anderer Verkehrsteilnehmer. Besonders kritisch sind unbeleuchtete Fussgänger, die sich im Dunkeln mit dunkler Kleidung nahezu unsichtbar machen.
Studien zeigen:
- Ein Fussgänger in dunkler Kleidung wird oft erst aus 20–30 Metern Entfernung wahrgenommen.
- Mit heller Kleidung steigt die Sichtbarkeit auf etwa 50–60 Meter.
- Trägt der Fussgänger Reflektoren, ist er bereits ab 120–140 Metern gut erkennbar.
Auf nassen oder vereisten Strassen kann bereits ein einziger Meter Bremsweg über schwere Verletzungen entscheiden. Je früher ein Fahrzeugführer eine Person erkennt, desto eher kann er reagieren – und desto wahrscheinlicher ist es, dass eine gefährliche Situation verhindert wird.
2. Schnee, Nässe und Blendungen erschweren die Lage zusätzlich
Die Adventszeit ist nicht nur dunkel – sie ist auch meteorologisch anspruchsvoll. Schnee, Schneeregen und Nebel beeinträchtigen die Sicht erheblich. Die Lichtbrechung durch nasse oder vereiste Strassenoberflächen führt dazu, dass Scheinwerfer stärker reflektieren und andere Verkehrsteilnehmer schlechter wahrgenommen werden.
Autofahrer müssen in dieser Jahreszeit mehrere Effekte gleichzeitig kompensieren:
- Schlechte Sicht durch Schneefall: Schon leichter Schneefall erzeugt einen sogenannten „Tunneleffekt“, bei dem Schneeflocken das Sichtfeld dominieren und Objekte im Hintergrund schlechter erkennbar sind.
- Blendung durch Fahrzeug- oder Weihnachtsbeleuchtung: Adventsbeleuchtung kann – besonders in Innenstädten – starke Kontraste erzeugen. Fussgänger, die direkt neben hellen Lichtern auftreten, werden aus dem Hintergrund schlechter erkannt.
- Beschlagene oder gefrorene Scheiben: Viele Autofahrer starten ihre Fahrt, ohne die Scheiben vollständig zu reinigen. Ein kleines Sichtfenster reduziert das Sichtfeld drastisch und ist besonders bei Fussgängern extrem gefährlich.
- Verlängerte Bremswege: Schnee, Matsch und Glatteis führen dazu, dass selbst moderne ABS-Systeme ihre physikalischen Grenzen erreichen. Ein Auto kann auf glatter Fahrbahn doppelt oder dreifach so lange brauchen, um zum Stillstand zu kommen.
Alle diese Faktoren treffen in der Adventszeit häufig gleichzeitig aufeinander und erhöhen das Risiko besonders für ungeschützte Verkehrsteilnehmer.
3. Fussgänger – unsichtbar, unterschätzt und besonders gefährdet
Fussgänger gehören zu den am stärksten gefährdeten Personen im Strassenverkehr, besonders im Winter. Viele überschätzen ihre eigene Sichtbarkeit und unterschätzen gleichzeitig die Reaktionszeiten der Autofahrer.
Ein verbreitetes Missverständnis besteht darin, dass Fussgänger glauben, sie seien gut sichtbar, nur weil sie selbst das Auto sehen. Tatsächlich ist die Sichtbarkeit aus Fahrersicht oft stark eingeschränkt.
Typische Gefahrenpunkte für Fussgänger in der Adventszeit:
- Querungen an schlecht beleuchteten Fussgängerstreifen
- Strassenabschnitte mit Gegenlicht oder starker Weihnachtsbeleuchtung
- Ein- und Ausfahrten vor Einkaufszentren
- Parkplätze mit viel Fussverkehr
- Quartierstrassen ohne Trottoirs
- Schulwege in der frühen Dunkelheit
Hinzu kommt, dass viele Fussgänger Taschen, Einkäufe oder Regenschirme tragen, die nicht nur ihre eigene Sicht behindern, sondern auch dafür sorgen, dass sie andere Verkehrsteilnehmer schlechter wahrnehmen.
Gerade ältere Menschen sind im Winter besonders gefährdet. Reduzierte Beweglichkeit, schlechtere Reflexe und tiefere körperliche Stabilität erhöhen das Risiko von Ausrutschern sowie verzögerten Reaktionen beim Überqueren der Strasse.
4. Velofahrer – doppelt gefährdet durch Sichtbarkeit und Fahrverhalten
Velofahrer stehen im Winter vor gleich zwei Problemen: Sie werden schlechter gesehen und haben aufgrund der Bodenverhältnisse schlechtere Kontrolle über ihr Fahrzeug. Schnee, nasse Blätter, Matsch oder Glatteis führen zu deutlicher Instabilität. Während Autofahrer durch ABS, ESP und Allradantrieb unterstützt werden, bleibt Velofahrern oft nur Körperbalance und Erfahrung.
Typische Risiken für Velofahrer:
- fehlende oder mangelhafte Beleuchtung
- verschmutzte oder vereiste Rücklichter
- fehlende Winterreifen
- erhöhte Ausrutschgefahr beim Bremsen
- eingeschränkte Bremskraft durch Nässe
- schlechtere Sicht durch Regen, Schnee oder gefrorene Brillen
- blendende Scheinwerfer entgegenkommender Autos
Das Risiko steigt zusätzlich für Fahrer von E-Bikes, insbesondere bei schnellen S-Pedelecs. Die höhere Geschwindigkeit reduziert die Reaktionszeit erheblich. Wenn Schnee oder Eis auftritt, sind solche Fahrzeuge besonders schwer zu kontrollieren.
Auch Ablenkung spielt eine zunehmende Rolle. Velofahrer mit Kopfhörern oder Smartphones reagieren später auf optische Signale und haben oft eine verzögerte Gefahrenwahrnehmung.
5. Unfallmuster: Warum der Dezember zu den riskantesten Monaten zählt
Verkehrsanalysen zeigen, dass die Zahl der Unfälle mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern im Dezember regelmässig ansteigt. Der Grund dafür ist nicht nur die Dunkelheit, sondern vor allem die Kombination aus Sichtproblemen, Witterung, Stress und hoher Verkehrsdichte.
Folgende Muster treten in der Adventszeit verstärkt auf:
- Fussgänger überqueren in Eile die Strasse, oft mit eingeschränkter Aufmerksamkeit
- Velofahrer sind unterwegs ohne ausreichende Beleuchtung
- Autofahrer unterschätzen die Glätte oder fahren trotz schlechter Sicht zu schnell
- Ablenkung durch Smartphones – sowohl bei Fussgängern als auch bei Autofahrern
- Hoher Fussgängerandrang an Märkten und Einkaufszonen, oft ohne klare Verkehrsführung
- Falsche Sicherheit durch Adventsbeleuchtung, die die Dunkelheit optisch überdeckt
- Fahrzeuge mit vereisten Scheiben oder unzureichender Beleuchtung
Die Polizei weist darauf hin, dass Unfälle mit Fussgängern und Velofahrern besonders schwer ausfallen. Bereits geringe Geschwindigkeiten können zu schweren Verletzungen führen, da keine schützende Fahrzeugstruktur vorhanden ist.
6. Polizei und Sicherheitsdienste intensivieren Prävention und Kontrollen
In der Adventszeit erhöhen viele Polizeikorps ihr Präventions- und Kontrollangebot.
Dazu gehören:
- Kontrollen der Fahrzeugbeleuchtung
- Schwerpunktaktionen gegen vereiste Scheiben
- Hinweise an Velofahrer bezüglich Beleuchtung und Reflektoren
- Präsenz bei Schulwegen und in Einkaufsbereichen
- Informationskampagnen zu Sichtbarkeit und wintertauglicher Ausrüstung
Auch Gemeinden und Winterdienste tragen Verantwortung. Ausreichende Strassenbeleuchtung, regelmässige Räumung und Streuung sowie gut sichtbare Markierungen können das Risiko deutlich reduzieren.
7. Empfehlungen der Polizei: So schützen sich Fussgänger und Velofahrer
Die Polizei spricht zur Adventszeit klare und konkrete Empfehlungen aus, die nachweislich das Unfallrisiko reduzieren.
Für Fussgänger:
- Reflektoren tragen – am besten vorne und hinten
- Helle oder kontrastreiche Kleidung wählen
- Fussgängerstreifen nur bei klarer Sicht betreten
- Nicht zwischen parkenden Autos hervortreten
- Smartphone weg – volle Aufmerksamkeit beim Überqueren
- Genügend Zeit einplanen, nicht rennen oder springen
Für Velofahrer:
- Front- und Rücklicht überprüfen, idealerweise LED mit hoher Leuchtkraft
- Reflektorbänder an Jacke oder Rucksack einsetzen
- Bei Schnee: Fahrweise anpassen, langsamer und defensiver fahren
- Winterreifen oder Mindestprofil nutzen
- Bremsverhalten frühzeitig anpassen
- Bei starkem Schneefall wenn möglich auf ÖV ausweichen
Für Autofahrer:
- Scheiben vollständig enteisen
- Geschwindigkeit anpassen, besonders im Siedlungsgebiet
- Fussgängerstreifen vorausschauend beachten
- Abstand zu Velofahrern vergrössern
- Kein Überholen in engen Quartierstrassen
- Beleuchtung und Scheibenwischer prüfen
8. Fazit: Mehr Achtsamkeit für sichere Adventswochen
Die Adventszeit ist eine Phase, die von Licht, Freude und Begegnungen geprägt ist. Gleichzeitig ist sie auch eine Zeit, in der besondere Vorsicht und Rücksicht im Strassenverkehr notwendig werden. Fussgänger und Velofahrer gehören zu den am stärksten gefährdeten Verkehrsteilnehmern – besonders in Dunkelheit, bei Schnee und auf rutschigen Strassen.
Ein bewusster Umgang mit den Herausforderungen der Adventswochen kann jedoch viele Unfälle verhindern. Sichtbarkeit, Vorsicht, Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme bilden die Grundlage für eine sichere Vorweihnachtszeit. Polizei und Sicherheitsorganisationen appellieren deshalb eindringlich an alle Verkehrsteilnehmer: Gerade jetzt im Dezember trägt jeder einzelne Verantwortung dafür, dass die Adventszeit nicht durch vermeidbare Unfälle überschattet wird.
Quelle: SchneeToni/Polizei.news-Redaktion
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